INTERNATIONAL SOLIDARITY FOR POLITICAL PRISONERS (IS4PP)

Im Widerstand gegen Isolationsgefängnisse vom Typ S und Y in der Türkei

Diese Kampagne wurde von Menschen aus diversen politischen, internationalen Zusammenhängen ins Leben gerufen, um Gerechtigkeit zu fordern, und insbesondere für die Rechte politischer Gefangener einzutreten.
Diese internationale Kampagne zielt darauf, dem aktuellen Protest von politischen Gefangenen in der Türkei eine Stimme zu geben. Seit etwa 2 Jahren wehren sich politische Gefangene mit unbefristeten Hungerstreiks gegen die unmenschlichsten Gefängnismodelle, die der türkische Staat bislang zur Bekämpfung der Opposition und des Aufstands hervorgebracht hat.
Diese neuen Gefängnisse vom Typ S, R und Y wurden ab Ende 2020 in der Türkei gebaut. Soweit bekannt, wurden im Jahr 2021 22 Gefängnisse des Typs Y und 7 Gefängnisse des Typs S gebaut. Parallel dazu ist der Staat dazu übergegangen, die so genannten „Hochsicherheitsgefängnisse“ in Grubentypen zu verwandeln. Insgesamt gibt es 51 dieser neuen Gefängnistypen in der Türkei. Die Gefangenen bezeichnen sie als Gruben-Typ-Gefängnisse, weil sie dort kaum ein Stück Himmel, eine Brise Wind und Lebewesen zu Gesicht bekommen. Sie fühlen sich, als wären sie in eine Grube geworfen worden.
Die physische Struktur dieser Gefängnisse unterscheidet sich nicht wesentlich von den F-Typ-Gefängnissen, gegen die es von 2000-2007 schon wegen der dort aufgezwungenen Isolationspraktiken einen opferreichen Widerstand gab.
Die Isolation erreicht dort eine neue Dimension und die psychologische Folter wurde damit verstärkt. Der Unterschied besteht darin, dass sich in der Zelle Kameras befinden, so dass der Lebensraum der Gefangenen 24 Stunden am Tag überwacht und aufgezeichnet wird. Jedes Gespräch, jedes Essen, jede Aktivität wird kontrolliert. Von Gefängnis zu Gefängnis kann das Unterschiede aufweisen. Bei manchen Hochsicherheitsgefängnissen befindet sich auch eine Kamera in einer 3 Personen-Zelle.
Ohne jegliche Rechtsgrundlage und Legitimation wird den Gefangenen der Status eines „gefährlichen Gefangenen“ auferlegt. Aus diesem Grund werden ihnen viele Rechte verweigert und ihr politischer Status wird nicht anerkannt.
Es heißt sogar, dass dieses Gefängnis für Gefangene mit schweren lebenslangen Haftstrafen gebaut wurde, weil es mehr Einzelzellen enthält. Doch inzwischen, wie schon vorherzusehen werden nach und nach politische Gefangene, selbst jene mit laufenden Gerichtsverfahren dorthin verlegt und diesen unmenschlichen willkürlichen Praktiken ausgesetzt.
Ihre Stimmen aus der Isolation sind der Grund, dass diese von der Menschheit verbannten Orte nun an die Öffentlichkeit kommen. Unser Beitrag ist es, diese Stimmen so weit wie möglich hörbar zu machen und derartige Gefängnismodelle und -praktiken abzuschaffen. Detaillierte Informationen, Fakten, Berichte über die Gefängnisse, sowie über die Kampagne erfahren sie in dieser Broschüre.
Um Ihnen eine Vorstellung zu geben, um welche Art von Gefängnis, bzw. Wegsperrmodell es sich bei den Typ S, R und Y- Gefängnissen handelt, haben wir Stellungnahmen und Dokumentationen von engagierten RechtsanwältInnen, MedizinerInnen und Menschenrechtsvereinen sowie Briefe der Gefangenen, die in den sogenannten „Grubengefängnissen“ inhaftiert sind, aus dem Türkischen übersetzt bzw. zusammengefasst.

Stellungnahme der Anwaltskanzlei des Volkes
DAS ERBSTÜCK MITTELALTERLICHER GEFÄNGNISSE:

Die Gefängnisse vom Typ S und Y (von Gefangenen Grubengefängnisse genannt) sind Gefängnisse mit strenger Isolierung. Diese Gefängnisse sind keine „modernen Vollzugsmodelle“, sondern eine Neuauflage des mittelalterlichen Verständnisses von Einkerkerung.
„Das Konzept der Isolationspolitik, d. h. der Isolierung von Gefangenen, trat mit den F-Typ-Gefängnissen, die mit dem Gefängnismassaker vom 19. und 22. Dezember eröffnet wurden, auf unsere Tagesordnung und begann während des umfangreichen Widerstands zwischen 2000 und 2007 einen wichtigen Platz in unserem Leben einzunehmen. Das war ganz natürlich. Denn der Isolationsangriff war ein sehr großer, sehr umfassender Angriff. Der Widerstand dagegen war natürlich massiv. In diesem 7-jährigen Widerstand (gemeint „Todesfasten“ in und später auch außerhalb der Gefängnisse, einschließlich des als „Operation Rückkehr zum Leben“ getarnten Massakers in den Gefängnissen) kamen 122 Menschen ums Leben. Hunderte erlitten in der Folge bleibende Schäden. … “
„Natürlich war dieser Angriff nicht auf die F-Typ-Gefängnisse beschränkt. Das Problem lag nicht nur in der architektonischen Struktur der F-Typ-Gefängnisse. Das Problem beschränkte sich auch nicht auf die physische Isolierung der Gefangenen. Es handelte sich um eine Politik, die hauptsächlich auf die Gedanken der Gefangenen abzielte. …“
„Das ist ihnen nicht gelungen. Denn angesichts dieses Angriffs gab es einen großen Widerstand, der diese Politik des Imperialismus vereitelte. …“
„Das ist der Hauptgrund, warum sie heute Gefängnisse vom „Grubentyp“, Gefängnisse des Typs S und Y, neue neue Arten von Gefängnissen brauchen, und warum sie hier revolutionäre Gefangene einsperren. …“


Dokumentation der Türkischen Ärztevereinigung

“GRUBENGEFÄNGNISSE“

Die meisten von ihnen sind in Einzelhaftzellen

nur sehr wenige befinden sich in 3-Personen-Zellen

Das auffälligste Merkmal ist, dass sie die Isolationsbedingungen sowohl durch ihre architektonischen Strukturen als auch durch tägliche Anwendungsregime weiter verschärfen.

Soweit bekannt ist, verbringen die Gefangenen mindestens 22,5 Stunden des Tages in Einzelhaft und Praktiken, die fast das Niveau von „Einzelhaft / solitary confinement“ erreichen werden zur Routine.

“Es gibt keine Belüftung in den Zellen, und selbst Gefangene, die nicht zu erschwerten lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt sind, müssen unter solchen Haftbedingungen leben. Es ist ersichtlich, dass diese Gefängnisse gebaut wurden, um langsam zu töten“. So werden die S und Y-Typ Gefängnisse definiert, in denen kein Sonnenlicht existiert und die auf Isolation ausgerichtet sind.

Berichte wie „Es kommen Todesmeldungen aus den Gefängnissen, die Leichen von Gefangenen, die von der Gerichtsmedizin (ATK) als gesund eingestuft wurden, kommen 2-3 Tage später aus den Gefängnissen“, unterstreichen die Unmöglichkeit, gesund zu bleiben.

“Ist es sehr wichtig, im Regen spazieren zu gehen, ein Buch zu lesen, während man in der Sonne sitzt, einen Brief an der frischen Luft zu schreiben, einen Schluck Tee zu trinken? Ja, das ist sehr wichtig, wenn man im Gefängnis ist. Es ist wichtig, nach den Sternen am Nachthimmel Ausschau zu halten, den Wind im Gesicht zu spüren.”

In Hochsicherheitsgefängnissen werden in jedem Block 5 Korridore (Abschnitte) als separater Block gebaut, während die Zellen als „Module“ bezeichnet werden. Die Zellentüren werden durch einen automatischen Knopf geöffnet und geschlossen, der von einer Kabine aus betätigt wird. Diese Kabine wird als Lokales Türpaneel (LKP) bezeichnet, und es gibt auch ein Zentrales Türpaneel (MKP), das die LKPs überwacht. Auf diese Weise wird jede Bewegung der Gefangenen überwacht, und die gesamte Kommunikation erfolgt über Megaphone und Knöpfe.

Es zeigt sich, dass diese Gefängnisse so konzipiert sind, dass sie soziale Isolation, Entmenschlichung und Einsamkeit fördern.

Während in anderen Gefängnissen das Recht auf Hofgang dadurch umgesetzt wird, dass die Türe zum Hof während des Morgenappells geöffnet und während des Abendappells für Gefangene, die nicht zu einer schweren lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, geschlossen wird, ist das Recht auf Hofgang in Hochsicherheitsgefängnissen und Gefängnissen vom Typ Y auf 1,5 Stunden beschränkt. In Hochsicherheitsgefängnissen und Gefängnissen des Typs Y wird das Recht der Gefangenen auf Hofgang gesetzwidrig eingeschränkt. Da der Hof nicht direkt mit der Zelle der Gefangenen verbunden ist, ist es unmöglich, ihre dringenden und persönlichen Bedürfnisse wie Schutz vor Regen und Sonne, sowie den Toilettengang während dieser 1,5 Stunden zu befriedigen.

Isolation kann zu einem Mangel an Sinnes- und Wahrnehmungsreizen und zur Entwicklung von Wahrnehmungs- und Empfindungsstörungen führen. Dies kann zu einigen psychiatrischen Erkrankungen sowie zu Problemen wie vermindertem Seh- und Hörvermögen, Desorientierung in Bezug auf Raum, Zeit und Ort, Aufmerksamkeits- und Stimmungsstörungen führen. Die vollständige Isolierung von der äußeren Umgebung führt zu einem geschwächten Immunsystem.

Neben den psychiatrischen Störungen verursacht das Einzelzellen-Vollzugssystem kurz-, mittel- und langfristig viele körperliche Krankheiten. Ein Leben in einem engen, kleinen und sonnenlichtlosen Raum, ohne sich ausreichend bewegen zu können, führt zu zahlreichen Krankheiten, insbesondere:

  • Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • Diabetes
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Bluthochdruck
  • Krebs

Deshalb fordern wir:

Stoppt den Bau von neuen Gefängnissen!
Lasst schwerkranke Gefangene sofort frei!
Gestaltet die Architektur dieser Gefängnisse, die Todesfälle
und Krankheiten verursachen, menschenwürdig!
Hört auf, das Wegsperren als Mittel der Bestrafung einzusetzen!


Dokumentation der Partei für Emanzipation und Demokratie der Völker

„Aus den Interviews und Berichten ergeben sich folgende allgemeine Informationen über die Merkmale der Gefängnisse:

Die Gefängnisse des Typs Y und S haben eine durchschnittliche Kapazität von 300-500 Plätzen und die Gefangenen sind in Einzelzellen untergebracht

In diesen Gefängnissen werden Gefangene und Verurteilte unter den Bedingungen des Vollzugs einer schweren lebenslangen Freiheitsstrafe untergebracht.

Da es von den Zellen keinen Zugang zum Hof gibt, werden die Gefangenen von den Wärtern aus ihren Zellen geholt und in den Hof im zweiten Stock gebracht. Die Gefangenen dürfen ihr Recht auf Hofgang nur 1,5 Stunden pro Tag in Anspruch nehmen.

Da der Hof nicht direkt mit der Zelle verbunden ist, gibt es keinen Schutz vor Regen und Sonne.

Die Drahtgitter an den Zellenfenstern verhindern, dass Sonnenlicht durchdringen kann.

Die Zellen werden 24 Stunden am Tag von Kameras überwacht.

Die Zellentüren sind so konzipiert, dass sie nur elektronisch geöffnet werden können.

Familienbesuche werden einzeln durchgeführt, und Besucher und Gefangene dürfen keinen Kontakt zu anderen Gefangenen und deren Familien haben. …

In einem Bericht des IHD (Menschenrechtsverein) über Hochsicherheitsgefängnisse und Gefängnisse des Typs S vom 15. September 2023 wurde festgehalten, dass ‘regelmäßige Zählappelle, Leibesvisitationen, Misshandlungen und Isolation, die sich in türkischen Gefängnissen etabliert haben, in Hochsicherheitsgefängnissen des Typs S weit verbreitet sind und dass Verletzungen des Rechts auf Leben in diesen Gefängnissen häufiger vorkommen.’ …

In den Hochsicherheitsgefängnissen des Typs S und Y, die von den Gefangenen als „Särge“ und „Gruben-Typ“ beschrieben werden, führen die Vollzugsbedingungen zu schwerwiegenden Verstößen gegen das Recht auf Hygiene und Gesundheit der Gefangenen, die täglich etwa 22,5 Stunden in diesen feuchten und sonnenlosen Modulen verbringen und ihre Wäsche und ihr Geschirr in Zellen mit Toiletten, Bädern und Küchenbänken waschen.

Zu den Praktiken gehören die Verweigerung der Inanspruchnahme von Rechten wie Workshops und Kursen, die Verhinderung des Rechts, sich zu unterhalten, die Beschränkung der sportlichen Betätigung auf einmal im Monat und auf eine Stunde, die Durchführung von Familienbesuchen einzeln mit Besuchern in Kabinen, die von durchsichtigem Glas umgeben sind, wie z. B. Gesprächsräume für Anwälte, wobei die Dauer des Besuchs, die in der Verordnung auf eine Stunde festgelegt ist, nach dem Ermessen der Verwaltung zwischen 30 Minuten und einer Stunde variieren kann, und die Durchführung von Anwaltsbesuchen in Kabinen, in denen es keine Schallisolierung gibt, so dass alle Gespräche gehört werden können, unter der faktischen Überwachung der Vollstreckungsschutzbeamten während des gesamten Gesprächs. Artikel 20 der Verfassung berührt das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. …“

Wir halten es für sinnvoll, in diesen Bericht das Schreiben der Rechtsanwältin Barkın Timtik aufzunehmen, die aufgrund des ÇHD-Prozesses im Marmara-Gefängnis inhaftiert ist und den Zweck der neuen Hochsicherheitsgefängnisse des Typs Y erläutert:

‘Diese unmenschlichen Orte sind niemals für die Rehabilitierung von Verbrechen oder die Vollstreckung von Strafen gedacht. Diese Orte scheinen auf Vernichtung angelegt zu sein. Sie sind dazu gedacht, den Tod in aller Stille herbeizuführen.
Zumindest ist es das, was ich verstehen kann. Diese Gefängnisse haben nicht einmal einen Namen… Wahrscheinlich, damit es sich nicht von anderen Hochsicherheitsgefängnissen unterscheidet. Das Werkzeug des Verbrechens wird vom Täter versteckt. Ich vergleiche es damit, dass es nicht einmal einen Namen hat. … Diese Orte sind drei Stockwerke hoch, und die Fenster haben Drahtgitter, so dick wie Sandsiebe. Sie wollen wohl sogar die Luft am Eindringen hindern.’

Unsere Partei hat zahlreiche parlamentarische Anfragen an die Große Nationalversammlung der Türkei zu diesen Gruben-Typ Gefängnissen und den Rechtsverletzungen in diesen Gefängnissen gestellt, aber keine Antwort erhalten und die Untersuchungsanträge wurden abgelehnt. Auch Dutzende von Anträgen an die parlamentarische Untersuchungskommission für Menschenrechte blieben ergebnislos.

DER ANGEHÖRIGENVEREIN ZUR UNTERSTÜTZUNG VON GEFANGENEN (TAYAD) STEHT DEN HUNGERSTREIKENDEN GEFANGENEN SEIT BEGINN IHRES PROTESTS GEGEN DIE NEUEN GEFÄNGNISSE VOM TYP S, R UND Y ZUR SEITE.
ES WERDEN KONTINUIERLICH KUNDGEBUNGEN UND PRESSEERKLÄRUNGEN ABGEHALTEN, DIE ÖFFENTLICHKEIT UND INSBESONDERE ABGEORDNETE, MENSCHENRECHTSVEREINE UND JOURNALIST/INNEN WERDEN AUS ERSTER HAND ÜBER DIE SITUATION DER GEFANGENEN INFORMIERT.
IM ZUGE DIESER HARTNÄCKIGEN KAMPAGNE WURDEN IN JÜNGSTER ZEIT MEHRERE MITGLIEDER DES VEREINS OHNE RECHTLICHE HANDHABE FESTGENOMMEN UND INHAFTIERT (darunter auch über 80jährige Angehörige). DER VEREIN, DER SEIT DEN 80’er JAHREN FÜR DIE RECHTE VON POLITISCHEN GEFANGENEN EINTRITT, SETZT SEINE ARBEIT UNVERMINDERT FORT UND BLEIBT EINE IHRER WICHTIGSTEN STIMMEN.

Übersetzter Inhalt einer Strafanzeige der Vereinsmitglieder an die Staatsanwaltschaft der Republik im Zusammenhang mit den SRY-Typ Gefängnissen:

„AN DIE STAATSANWALTSCHAFT DER REPUBLIK

VERDÄCHTIGTE: Das Justizministerium der Republik Türkei und alle zuständigen Behördenvertreter
BETRIFFT: Strafanzeige betreffend die Einführung und Fortführung von Gefängnissen des Typs SRY.

ERLÄUTERUNGEN:

1) Ab 2022 hat im Hinblick auf die Situation der Strafjustiz- und der Strafvollzugseinrichtungen in der Türkei ein neuer Prozess begonnen. Nach dem Todesfasten gegen die F-Typ-Gefängnisse im Jahr 2007, als die Gefangenen und Verurteilten das Recht auf Dialog erkämpften, wurde deutlich, dass das Modell der Isolation/Zwangsmaßnahmen in den Gefängnissen gegen die Menschenwürde verstößt. Danach gingen sowohl die juristischen Kämpfe als auch die Kämpfe der Gefangenen und Inhaftierten gegen die Missachtung der Rechte weiter. Im Jahr 2022 hat die Politik der Isolierung und Zwangsmaßnahmen in den Gefängnissen jedoch eine neue Dimension erreicht.

2) Zunächst einmal verstößt die klammheimliche Verlegung von Gefangenen und Verurteilten in Gefängnisse des SRY-Typs, sowie deren Einstufung als gefährliche Gefangene gegen alle nationalen und internationalen Rechtsnormen, einschließlich der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Insbesondere politische Gefangene und Verurteilte wurden mitunter auch infolge einer solchen Beurteilung in diese Gefängnisse gebracht, die der Gesundheit und der Würde des Menschen zuwiderlaufen. Diese Art von Gefängnissen bedeutet eine sehr strenge Anwendung des Modells der Isolation und Zwangsmaßnahme.

3) Allein die Tatsache, dass den Untersuchungsgefangenen und Verurteilten außerhalb der Abteilung, in der sie untergebracht sind, nur eine Stunde Hofgang pro Tag in Anwesenheit eines Justizvollzugsbeamten gewährt wird, stellt eine Verletzung der Menschenrechte dar. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums muss ein Mensch mindestens zehntausend Schritte pro Tag gehen, um gesund zu bleiben. Das Recht auf nur eine Stunde Hofgang pro Tag ist jedoch kein Recht, sondern eine Folter. Auch die Tatsache, dass selbst die privatesten Momente der Untersuchungsgefangenen und Verurteilten von Kameras überwacht werden und dass die Zellen eingezäunt sind, damit die Sonne nicht eindringen kann, ist an sich schon eine Folter. Die Existenz von Gefängnissen, die nicht nur eine die Freiheit einschränkende Strafe bedeuten, sondern auch zu einer Art Grube werden, ist eine Verletzung der Menschenrechte sowohl für die Gefangenen als auch für ihre Familien außerhalb.

Aus diesen Gründen ist es absolut notwendig, die Gefängnisse des SRY-Typs unverzüglich zu schließen und Strafverfahren gegen diejenigen einzuleiten, die für die Errichtung und das Fortbestehen dieser Gefängnisse Verantwortung tragen.

Schlussfolgerung und Forderung:
Aus den oben dargelegten und von Ihrer Staatsanwaltschaft von Amts wegen zu berücksichtigenden Gründen fordere ich, dass alle Beamten, die zur Eröffnung und Fortführung von Gefängnissen des SRY-Typs beigetragen und sich persönlich an dieser Handlung beteiligt haben, nach den einschlägigen Artikeln des türkischen Strafgesetzbuches bestraft werden.“

POLITISCHE GEFANGENE IN VERSCHIEDENEN GEFÄNGNISSEN DER TÜRKEI BEFINDEN SICH IM UNBEFRISTETEN HUNGERSTREIK ALS ANTWORT
AUF DIE MENSCHENRECHTSWIDRIGEN
ISOLATIONSGEFÄNGNISSE VOM TYP S, R und Y

Ohne den Kampf für Gerechtigkeit draußen ist ihr Leben in Gefahr, werden viele weitere Gefangene,vor allem jene, die sich der repressiven Politik der Regierung nicht beugen, in diese sogenannten “Grubengefängnisse“ geworfen und dort viele Jahre, auf unmenschliche Weise von der Aussenwelt isoliert.

10 POLITISCHE GEFANGENE SETZEN HUNGERSTREIK FORT

Sercan Ahmet Arslan: 20. Oktober 2024
Buca Hochsicherheitsgefängnis

Mulla Zincir: 13. November 2024
Buca Hochsicherheitsgefängnis

Serkan Onur Yilmaz: 10. November 2024
Antalya Hochsicherheitsgefängnis

Bakican Işık: 19. Dezember 2024
Sincan Nr. 2 Hochsicherheitsgefängnis

Yurdagul Gümüş: 1. Januar 2025 (Mutter von Bakican Isik)
Geschlossenes Gefängnis Marmara

Mithat Öztürk: 12. Februar 2025
Sincan No. 2 Hochsicherheitsgefängnis

Hasan Ali Akgül: 17. Februar 2025
Sincan No.1 Hochsicherheitsgefängnis

Ali Araci: 18. Februar 2025
Sincan No. 1 Hochsicherheitsgefängnis

Ayberk Demirdögen: 11. März 2025
Antalya Hochsicherheitsgefängnis

Fikret Akar: 30. März 2025
Çorlu Hochsicherheitsgefängnis

Schon zuvor waren Gefangene im Hungerstreik, um ihre Rückverlegung von den neuen Hochsicherheitsgefängnissen zu fordern und ihre Forderung wurde erfüllt.

NEDIM ÖZTÜRK: Er trat am 24. April 2023 in einen unbefristeten Hungerstreik, weil seine Forderung nach Verlegung in ein anderes Gefängnis abgelehnt und seine Rechte systematisch verletzt wurden. Er beendete den Hungerstreik am 138. Tag, da seine Forderungen teilweise akzeptiert wurden.

HÜSEYİN KARAOĞLAN: Er trat am 11. September 2023 in einen unbefristeten Hungerstreik und forderte seine Verlegung in ein anderes Gefängnis, unter anderem in ein Gefängnis vom Typ F. Nachdem seiner Forderung stattgegeben wurde und er in ein Gefängnis, in dem sich seine Freunde befinden zurückverlegt wurde, beendete er den Hungerstreik am 143. Tag.

NURETTİN KAYA: Er trat am 20. Oktober 2023 in einen unbefristeten Hungerstreik. Der Widerstand endete am 30. Juni 2024 mit einem Sieg. Er wurde in das Typ-F-Gefängnis zurückverlegt.

OKTAY KELEBEK und CEM DURSUN: Sie wurden aus dem Silivri-Gefängnis in das Hochsicherheitsgefängnis Buca verlegt und traten am 24. Februar 2024 in einen unbefristeten Hungerstreik. Ihr Widerstand endete mit einem Sieg am 25. August 2024.

CEMİL KURT und ALİŞAN GÜL: Ihr Widerstand endete mit einem Sieg am 128. Tag des unbefristeten Hungerstreiks, den sie am 11. März 2024 begonnen hatten.

REZZAN ŞENGÜL und VEDAT DOĞAN: Ihr unbefristeter Hungerstreik endete am 27. September 2024 mit einem Sieg. Grup-Yorum-Mitglied Rezzan Şengül wurde am 182. Tag seines Widerstands freigelassen, und Vedat Doğan wurde am 177. Tag seines Hungerstreiks zu seinen Freunden ins Kırıkkale F Typ- Gefängnis verlegt.

ALİ ÜLGÜ: Am 2. Dezember 2024 trat er in einen unbefristeten Hungerstreik, um gegen die Isolierung seines Freundes, des kranken Gefangenen Ekimcan Yıldırım, zu protestieren. Er beendete den Hungerstreik am 26. Januar, nachdem seine Forderungen akzeptiert worden waren.

„Die Türen sind nicht wie in anderen Gefängnissen, es gibt keine Klinke, sie öffnen sich nicht mechanisch. Wie in US-Filmen, wenn die Tür geöffnet werden soll, sagt der Wärter die Zellennummer und sie werden von der Zentrale aus geöffnet. Ich frage mich, was passieren wird, wenn es ein Erdbeben gibt und der Strom ausfällt. Es muss eine Sicherheitsvorkehrung geben! Sonst sind wir drinnen gefangen. …
Am Samstag, den 1. Februar 2025, wurden wir zum Karatepe Grubentyp-Gefängnis gebracht. Der Grund, warum es Grubentyp nennen, ist, dass hier unter dem Namen „Hochsicherheitsge­fängnis“ Praktiken angewandt werden, die die Gefangenen sowohl architekto­nisch in eine Grube stecken als auch darauf abzielen, den Gefangenen das Gefühl zu geben, dass sie sich in der Tiefe einer Grube befinden. Kurz gesagt, das Ziel ist die Entfremdung des Menschen vom Menschen und des Menschen von sich selbst in diesen Grubentypen. ..
Der Himmel, den die Gefangenen in den Gefängnissen frei sehen können, ist in den Grubengefängnissen nicht frei zu sehen. Die Gitterstäbe und vor allem die Drahtkäfige verhindern, dass man den Himmel sehen kann. Mit anderen Worten, dem Gefangenen wird sowohl der Himmel als auch die frische Luft verwehrt. In anderen Gefängnissen ha­ben die Gefangenen das Recht, das Tageslicht zu nutzen. Aus diesem Grund hat jede Zelle einen separaten Zugang zum Hof. Dieser Hof wird in der Regel bei Sonnenaufgang geöffnet und bleibt bis zum Einbruch der Dunkelheit geöffnet. Die Gefangenen können sich jederzeit an die frische Luft begeben und nach Belieben in den Himmel schauen. Das ist notwendig für die Gesundheit der Augen, worüber wir später noch sprechen werden. Aber die Dauer des Hofgangs ist in den Grubentypen auf eine Stunde begrenzt. In unserem Gefängnis beträgt sie derzeit 1,5 Stunden. Um zum Hof zu gehen, wird man aus seiner Zelle geholt und zum Hof im unteren Stockwerk gebracht. Denn Einzelzellen haben haben überhaupt keinen Hof. …
Die Praxis, 1 Stunde Hofgang zu bekommen und die restlichen 23 Stunden in der Zelle zu verbringen, wird in anderen Gefängnissen „Einzelhaft“ genannt. Auf diese Weise wird die Einzelhaft, die schwerste Strafe im Vollzugsgesetz, vollzogen. Mit anderen Worten: Die Inhaftierung in den Gruben-Typen ist im Wesentlichen der Vollzug der ununterbrochenen Einzelhaft. Das Vollzugsgesetz sieht jedoch vor, dass ein Gefangener nicht länger als 20 Tage in Einzelhaft gehalten werden darf. Mit anderen Worten, die Haftbedingungen, die in anderen Gefängnissen für mehr als 20 Tage verboten sind, erstrecken sich auf den gesamten Zeitraum der Inhaftierung in den Grubentypen. In den Zellen dieser Grubengefängnisse befinden sich viele zu schwerer lebenslänglicher Haft Verurteilte. Je nach ihrer guten Führung haben sie Anspruch auf 1 bis 3 Stunden Hofgang pro Tag. Die zu lebenslanger Haft verurteilten Gefangenen im Silivri-Gefängnis, aus dem wir kamen, durften zum Beispiel 3 Stunden täglich in den Hof. Für die Gefangenen in den Gefängnissen des Grubentyps gelten sogar noch strengere Hofbeschränkungen als für die Gefangenen mit erschwerten Hafturteilen. …
Wir haben das Recht auf Hofgang aufgrund des fehlenden Zugangs zum Hof auch in Bezug auf die architektoni­schen Struktur angespro­chen, aber es ist gleichzeitig eine der schwerwie­gendsten Rechtsverletzungen. Einem Menschen die Sonne, das Tageslicht und den Himmel zu verweh­ren, ist einer der größten Angriffe auf die körperliche und geistige Gesundheit des Menschen. …
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Gesundheitszustand eines Gefangenen, der keinen Zugang zu ausreichend frischer Luft hat, der nicht angemessen und ausgewogen ernährt wird, dem das Sonnenlicht vorenthalten wird, der durch die Einschränkung seines Bewegungsraums immobilisiert wird, der ständigen Sanktionen und Auferlegungen ausgesetzt ist und der unter ununterbrochenem Stress steht, rasch verschlechtert. Da das System, das all diese Probleme schafft, nicht darauf abzielt, den Gefangenen zu heilen, ist der Zugang zu Gesundheits­diensten natürlich ein anderes Problem. Und wenn doch, dann erhalten Gefangene keine qualifizierte medizini­sche Versorgung. Infolgedessen heilen die Krankheiten nicht aus, sondern schreiten schnell voran. Aus diesem Grund sterben jedes Jahr Hunderte von Gefangenen in den Gefängnissen. …
Bei dem Dokument in der Hand des Lehrers handelte es sich um einen REHABILITATIONSPLAN, der entspre­chend den Informationen in diesem Formular gegliedert war. Im oberen Teil des Dokuments waren der Bildungs­stand der Gefangenen, die Prüfungen, die sie ablegen möchten, ihre besonderen Fähigkeiten usw. zusam­mengefasst. Unmittelbar darunter finden sich „EMPFEHLUNGEN“ unter 5 Hauptüberschriften, darunter insgesamt 25 Unterpunkte, zu Bildung, Workshops, besonderen Fähigkeiten, geistlicher Betreuung usw. in der Anstalt.Und am Ende des Dokuments finden sich einige Erläuterungen. Der letzte Absatz lautet wie folgt: „Dementsprechend werden Sie hiermit davon in Kenntnis gesetzt, dass Sie nicht an den von der Dienststelle für allgemeine und berufliche Bildung gemäß diesem Rehabilitationsplan durchgeführten Programmen teilnehmen werden, die die Grundlage für die über Sie vorzunehmende Bewertung des guten Verhaltens bilden, und dass bei der Bewertung der einschlägigen Rechts­vorschriften während des Vollzugs keine Entscheidung über Ihr gutes Verhalten getroffen wird“.
Mit anderen Worten: Die Verwaltung und die Beobachtungsgremien nehmen eine Bewertung auf der Grundlage der Teilnahme am REHABILITATIONSPRO­GRAMM vor.
Gefangenen, die weniger als 40 Punkte erreichen, wird keine gute Führung bescheinigt und ihnen werden Rechte wie bedingte Entlassung, Verlegung in den offenen Vollzug usw. vorenthalten. So wie man in der Schule eine gute Note erreichen muss, um in die nächste Klasse aufsteigen zu können, muss auch in den Gefängnissen für ein gutes Führungszeugnis eine entsprechende Note erreicht werden. Andernfalls werden Sie nicht bestehen und neben Verlängerung der Haftzeit weiterhin verschiedenen Rechtsverletzungen ausgesetzt. …
Was bisher beschrieben wurde, zeigt jedoch nur einen Teil der Wahrheit über das Rehabilitationsprogramm und ver­schleiert bewusst dessen Zweck. Dann ist es an der Zeit, die Frage zu stellen, die die Grundlage dieses Artikels bildet.
Was ist der eigentliche Zweck des Rehabilitationsprogramms? Wie wird es zu welchem Zweck eingesetzt? Die Frage ist kurz und einfach. Die Antwort wird auch einfach, aber etwas lang sein.
Diejenigen, die Haustiere, insbesonde­re Hunde, halten, kennen das gut. Das Hundetraining basiert auf dem Belohnungs-Bestrafungs-System. Wenn der Hund sich so verhält, wie es der Besitzer wünscht, wird er mit Aufmerksamkeit, Zuneigung und Leckerlis belohnt. Zeigt er ein Verhalten, das der Besitzer nicht wünscht, werden ihm Aufmerksamkeit und Zuneigung entzogen und er wird geschimpft. Der Hund macht es sich intuitiv zur Gewohnheit, Verhaltensweisen an den Tag zu legen, die vom Besitzer belohnt werden, damit er nicht mehr beschimpft und ständig belohnt wird. Mit der Zeit werden diese Verhaltensweisen zu konditionierten Reflexen und der Hund wird dressiert. Das Verhalten des Hundes wird in einem bestimmten Rahmen innerhalb der bestehenden Bedingungen festgelegt.
Genau, das REHABILITATIONSPRO­GRAMM ist ein Belohnungsfutter. Ein Mensch ist jedoch kein Hund. Er ist eine Persönlichkeit mit seinen Gedanken, Gefühlen und seinem Verhalten, nicht nur mit seinen Intuitionen und Instinkten. Und der Mensch kann nicht dadurch verbessert und erzogen werden, dass man seine Intuitionen und Instinkte konditioniert, sondern indem man geeignete Bedingungen schafft, unter denen er seine Gedanken, Gefühle und sein Verhalten, also seine Persönlichkeit, entwickeln kann.
Eine der Definitionen des Menschen lautet, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Ein Mensch, der isoliert ist, abgeschottet von der Gesellschaft, ist von seinem natürlichen Leben und den Voraussetzungen für seine Entwicklung abgeschnitten. Kein Mensch kann sich unter Bedingungen, die seiner Natur widersprechen, bessern und entwickeln. Im Gegenteil, er entfremdet sich von der Gesellschaft, seiner Umwelt und sich selbst. …“


Fikret Akar, ein politischer Gefangener, der sich in der Türkei bereits zum dritten Mal ohne Beweise in Haft befindet, wurde am 2. Februar 2025 in das Y-Typ-Gefängnis in Çorlu zwangsverlegt. Am 30. März schloss er sich 9 weiteren Gefangenen im unbefristeten Hungerstreik an, um die Unmenschlichkeit und den Angriff auf die Menschenwürde in diesen neuen Gefängnissen Widerstand entgegenzusetzen.
Alle, die bereits dorthin verlegt wurden, fordern die sofortige Rückverlegung in alte Gefängnisse. Die Hungerstreikenden riskieren Gesundheit und Leben, um auch auf das Schicksal vieler anderer Gefangener aufmerksam zu machen.


Es gibt viele Möglichkeiten, die Kamapgne zu unterstützen und die Stimmen aller hier genannten Kritiker/innen zu stärken.
Fest steht: Gefängnisse vom Typ S, R, Y bilden einen massiven Angriff auf die Rechte und die Menschenwürde von Gefangenen und verletzen die als “Standard Minimum Rules” bekannten Mindestgrundsätze für die Behandlujng der Gefangenen.

Infos & Kontakt:
TikTok – IS4PP (@is4pp6)
Blog4PP: https://is4pp.org/
https://x.com/is4pp2025
E-MAIL: is4pp@riseup.net


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